28 Jahre Einsatz in der DR Kongo!
Medair ist seit 1996 in der DR Kongo im Einsatz. Der Einsatz konzentriert sich auf den Osten des Landes, der derzeit besonders stark von bewaffneten Konflikten betroffen ist. Seit nunmehr drei Jahrzehnten herrschen Unruhen im Land; immer wieder kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Im Jahr 2023 eskalierte ein Konflikt in den östlichen Provinzen Nord Kivu, Süd Kivu und Itari, der um die 700 000 weitere Menschen innerhalb des Landes vertrieben hat. Die Anzahl Binnenvertriebener in der DR Kongo ist somit auf 6,2 Millionen angestiegen. Sie leben nun in Lagern für Binnenvertriebene oder sind bei Gastfamilien untergekommen, so die Angaben der UNO.
Im Laufe der Jahre hat Medair aktiv den Gesundheitssektor unterstützt. Auf lokaler Ebene gibt es zwar ein Gesundheitssystem, doch bei einem gewaltigen Zustrom von Geflüchteten ist es überfordert. In solchen Situationen muss sich flexibel an den Kontext angepasst werden. Genau hier setzt Medair also an. Hier ein Beispiel, das zeigt, welche Wirkung der Einsatz von Medair haben kann.
Wir sind in Shari, einer Ortschaft 30 Minuten entfernt von der Stadt Bunia. Es liegt im Einzugsgebiet von Rwampara in der Region Irumu, die zur Provinz Ituri gehört. Das dortige Gesundheitszentrum wird von der 33-jährigen Oberschwester Chantal Kasemire geführt. Nur wenige Frauen im Land haben eine derartige Position inne.
Chantal ist selbst Mutter von fünf Kindern. Von den Patientinnen und Patienten wird sie «Mama Yetu» (übersetzt «Mutter aller») genannt. Sie hat ein freundliches Lächeln, das sie während des gesamten Gesprächs beibehält, während sie mit uns über die Zusammenarbeit von Medair mit den Gesundheitseinrichtungen in der Region spricht.
Haben Sie früher bereits mit Medair zusammengearbeitet, und welche Erfahrung haben Sie dabei gemacht?
Unsere Klinik hat bereits 2022 mit Medair zusammengearbeitet. Der Einsatz hat der Bevölkerung sehr geholfen. Damals haben Kämpfe zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen die Ortschaften verwüstet. Viele Menschen sind hierher geflohen, die Lage war kritisch. Die Ankommenden waren mittellos und konnten sich keine medizinische Versorgung leisten. Da kam uns Medair zu Hilfe.
In unserem Gesundheitszentrum sieht man immer noch die Spuren davon. Medair hat unsere Einrichtung nach den empfohlenen Hygienestandards ausgebaut. Ein Gesundheitszentrum kann so gefährlich wie eine Epidemie sein, wenn Hygiene nicht höchsten Standards entspricht. Medair hat einen abgetrennten Bereich für Abfälle und Toiletten gebaut ... all das war sehr wichtig für unsere Einrichtung.
Medair ist nun wieder im Einzugsgebiet von Shari tätig. Wie war die Lage im März 2024?
Die Rückkehr von Medair in unsere Gesundheitszone war wichtig und eine dringende Reaktion auf die Lage. In Shari gibt es ein Lager für Binnenvertriebene. Für die Menschen darin ist dieses Lager wie ein grosses Freiluftgefängnis. Dort leben 17 890 Menschen. Sie können aufgrund der anhaltenden Konflikte in ihren Heimatdörfern nicht in ihre gewohnte Umgebung zurückkehren. Hinzu kommt das Bevölkerungswachstum. In nur wenigen Jahren hat sich die Bevölkerung verdoppelt. Ein Gesundheitszentrum versorgt im Schnitt 26 191 Einwohner, das liegt weit über der vorgeschriebenen Zahl von 10 000. Die derzeitige Situation übersteigt bei weitem unsere Kapazitäten. 44 081 Menschen sind viel zu viel für ein ländliches Gesundheitszentrum wie das unsere.
Diese Zahl ergibt sich aus der enormen Anzahl von Geflüchten. Unterstützung im medizinischen Bereich war dringend nötig. Medair gehört zu den aktivsten Organisationen, die uns helfen. Sie haben auf unseren Hilferuf reagiert und sind gekommen, um die Lage zu begutachten. Wir freuen uns auf ein neues Projekt mit Medair.
Was glauben Sie, wie die Hilfe von Medair das Leben der lokalen Bevölkerung verändern wird?
Die kostenlose Gesundheitsversorgung ist extrem wertvoll für die Menschen. In der Vergangenheit sind Menschen aus der Gemeinschaft gestorben, weil es keine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung gab. Dazu kommen Kinder mit akuter Unterernährung, die wir aufgrund fehlender Medikamente nicht vollständig versorgen konnten. Gesundheit ist das Wertvollste, was ein Mensch haben kann! Wir können nichts tun, wenn wir nicht gesund sind. Jeder Karton Medikamente, den wir von Medair erhalten, jeder Tropfen Medizin, der verabreicht wird, rettet Leben in dieser Gemeindschaft. Das ist schon ein Sieg. Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung bedeutet dieser Gemeinde sehr viel.
Welche Bedürfnisse sind in Ihrer Gesundheitszone besonders wichtig?
Der Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung ist ein Geschenk Gottes. Das Gesundheitszentrum ist vollständig überwältigt von den vielen Kranken. In der Entbindungsstation beispielsweise haben wir vier Betten für die Entbindungen, aber allein im März 2024 hatten wir 105 Entbindungen. Entbindungen sind bei uns kostenlos, von daher rechnen wir damit, überrannt zu werden. Leider sind unsere Kapazitäten immer noch sehr begrenzt und die Infrastruktur für die Betreuung dieser schwangeren Frauen bleibt ungenügend. Dies bleibt ein Bedarf.
«Medair hat den Ruf, sich mit vollen Kräften für die Gemeinschaften einzusetzen. Das hat über die Jahre Generationen von Fachkräften geprägt. »
Wie ist die Präsenz von Medair für Sie als Gesundheitsfachkraft ein Gewinn?
Der Einsatz von Medair kommt nicht nur den Patienntinnen und Patienten zugute, sondern ist auch für uns als Fachkräfte wichtig. Die Arbeit mit Medair hat meine Leidenschaft für die humanitäre Hilfe geweckt. Ich sehe, wie die Teams hier im Gesundheitszentrum hinter mir und meinen Mitarbeitenden stehen und uns zu Höchstleistungen anspornen. Bei Schwierigkeiten stehen sie uns mit Rat und Tat zur Seite. Dieser regelmässige Austausch ist etwas, das ich an Medair besonders schätze, und das ich für meine persönliche Laufbahn als Krankenschwester mitgnommen habe. Medair hat den Ruf, sich mit vollen Kräften für die Gemeinschaften einzusetzen. Das hat über die Jahre Generationen von Fachkräften geprägt, mich vorneweg. Dafür bin ich sehr dankbar.
Im Jahr 2024 werden es 28 Jahre, die Medair in der DR Kongo tätig ist. In dieser humanitären Krise hat sich Medair besonders für die Stärkung des geschwächten lokalen Gesundheitssystems eingesetzt. Der Bericht von Chantal, einer leitenden Krankenschwester in einer Gesundheitsklinik, veanschaulicht, welche Wirkung der Einsatz von Medair über die Jahre in der DR Kongo hatte. Allein im Jahr 2022 wurden in den von Medair unterstützten Kliniken 730 645 Menschen behandelt
Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.