Hilfe und Hoffnung nach dem Wirbelsturm Gamane
Nur ein Jahr nach dem verheerenden Zyklon «Freddy», bei dem mehr als 500 Menschen ums Leben kamen, ist Madagaskar im Frühjahr erneut von einem Zyklon getroffen worden. Am Mittwoch, den 27. März 2024, traf der Zyklon «Gamane» auf die Nordostküste nahe der Region Sava. Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 210 kmh und starken Niederschlägen richtete der Wirbelsturm grosse Verwüstungen in mehreren Regionen der Insel an, bis er Freitag weiterzog. Mehrere Menschen ertranken oder wurden durch umstürzende Bäume und Häuser getötet. Humanitäre Organisationen mobilisierten sich schnell, um der betroffenen Bevölkerung Hilfe zukommen zu lassen, darunter auch Medair.
Medair entschied sich, das Nothilfeeinsatzteam in den Bezirk Maroantsetra zu entsenden, der von «Gamane» schwer getroffen, bei den Hilfsleistungen jedoch vernachlässigt worden war. Laut dem Nationalen Büro für Risiko- und Katastrophenmanagement (BNGRC) wurden 7 von 8 Gemeinden im Bezirk Maroantsetra überschwemmt, was 34 Fokotany (kleinste Verwaltungseinheit in Madagaskar, die ein oder mehrere Dörfer umfasst) entspricht. Auch die meisten Wasserstellen blieben nicht verschont. Gemäss eines Berichts des Innenministeriums waren 5998 Personen in 2467 Haushalten von der Katastrophe betroffen. Schäden waren erheblich, insbesondere an der Infrastruktur, in der Landwirtschaft und in der Viehzucht. Häuser stürzten ein, Ernten wurden vernichtet und Vieh verendete. Der Bedarf an humanitärer Hilfe war infolgedessen erheblich. Jedoch waren die betroffenen Bevölkerungsgruppen nicht immer leicht zu erreichen. Hilfsorganisationen standen vor enormen wetterbedingten und logistischen Herausforderungen, um Zugang zu den Menschen in Not zu erhalten.
Medair hat sich darauf spezialisiert, die «Extrameile» zu gehen, um vulnerabelste Menschen in schwer zugänglichen Gebieten zu unterstützen. Unser Nothilfeeinsatzteam war 72 Stunden nach der Katastrophe vor Ort und verteilte verschiedene Nothilfepakete, darunter WASH-Sets*, Kochsets sowie sektorübergreifende Pakete mit Decken, Eimern, Wasserkanistern, Plastikplanen, Reis und Bohnen. Anhand dieser Ressourcen war es den vom Zyklon betroffenen Familien möglich, ein Stück ihre Würde wiederzuerlangen. In der Lage zu sein, alltägliche Tätigkeiten wie Kochen, Putzen und persönliche Hygiene mit geeigneten Materialien durchzuführen, kann inmitten des Chaos etwas Normalität herstellen.
Die Bewohner wollten unbedingt über die Hilfe berichten, die sie von Medair erhalten hatten.
Die 74-jährige Marie Jeannette erzählte:
«Der Wirbelsturm war nicht sehr stark, aber er brachte Überschwemmungen mit sich. Alle meine Küchenutensilien und Bettlaken wurden weggespült. Auch meine Reisplantage wurde überflutet. Aber dank dem Küchenset von Medair kann ich nun wenigstens kochen und so etwas wie ein normales Leben führen.»
Bao Zorline, eine 72-jährige Witwe, die in der ländlichen Gemeinde Ankofabe lebt, berichtet:
«Diese Region ist eigentlich reich an Wasser, aber die Qualität ist nicht immer gewährleistet. Der Brunnen, den wir benutzen, wurde durch den Wirbelsturm überflutet. Die freiwilligen Helfer von Medair sind gekommen und haben das Innere des Brunnens gereinigt, sodass wir wieder Zugang zu sauberem Wasser haben und unsere Hygiene erhalten bleibt. Seitdem trinke ich nur noch dieses desinfizierte Wasser, weil ich Medair vertraue. Die Arbeit von Medair ist eine Qualitätsgarantie.
Ich danke Medair für alles, was ihr für unser Dorf getan habt, denn jetzt kann ich für meine Hygiene sorgen und sauberes Wasser trinken. Mein Wunsch ist es, dass Medair wieder nach Maroantsetra kommt, um uns weiterhin zu helfen, denn in unserer Region gibt es noch viel zu verbessern, insbesondere die sanitäre Infrastruktur.»
Folgende Dinge konnter unser Team in Maroantsetra bereits verteilen:
- Multisektorale Kits für mehr als 724 Menschen;
- WASH-Kits für über 8035 Menschen;
- Kochsets für mehr als 4439 Menschen;
- Menstruationshygiene-Sets für 2000 Frauen ;
- Bedingungslose Bargeldhilfe an mehr als 7772 Personen.
Darüber hinaus wurden weitere Aktivitäten von unserem Team vor Ort durchgeführt, darunter:
- Die Desinfektion von 63 Wasserstellen in den ländlichen Gemeinden des Bezirks Maroantsetra;
- Aufklärungsschulungen im Bereich WASH* für 9048 Menschen in unseren madagassischen Einsatzgebieten;
- Sensibilisierungsmassnahmen über den Schutz und die Rechte von Kindern für mehr als 4598 Personen.
Ermöglicht wurde Medairs Nothilfeeinsatz durch die zur Verfügung gestellten Mittel von Start Network, einem weltweit tätigen Netzwerk von Hilfsorganisationen mit über 90 Partnern auf fünf Kontinenten, die im Krisenfall schnell und effizient eingreifen können. Ziel des Netzwerks und dem von ihm implementierten «Start Fund» ist es, eine entscheidende Lücke im System der humanitären Hilfe zu schliessen, indem Mittel rapide (innerhalb von 72 Stunden) für kleine bis mittlere Kriesen bereitgestellt werden können. Dank dieses Fonds konnte Medair 24 491 Menschen in Maroantsetra unterstützen.
Wie bereits letztes Jahr nach Zyklon «Freddy,» war Medair auch dieses Jahr nach Zyklon «Gamane» umgehend zur Stelle, um den Betroffenen dringend benötigte Hilfe zu leisten. Es ist zu erwarten, dass dieser Wirbelsturm nicht der letzte war, denn Madagaskar ist eines der am stärksten von der Klimaveränderung betroffenen Länder weltweit. Seit 2002 hilft Medair Gemeinschaften in Madagaskar, ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimakatastrophen zu stärken und den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu verbessern. Wir engagieren uns weiterhin für die Gesundheit und Sicherheit der madagassischen Bevölkerung.
*WASH steht für Wasser, sanitäre Anlagen und Hygiene