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Der lebensrettende Einsatz von Medair in Leer

August 2, 2024
von Medair
Südsudan
Medizinische Versorgung verändert die Zukunft von vertriebenen Müttern und Kindern im Südsudan

Eine vergessene Krise

Die Notlage der Menschen im Südsudan macht selten internationale Schlagzeilen. Die Aufmerksamkeit der Medien richtet sich in der Regel auf andere Krisengebiete. Aufgrund der daraus resultierenden Mittelknappheit sind humanitäre Akteure, darunter auch Medair, gezwungen, ihre Hilfe schweren Herzens einzuschränken, während die Bedürfnisse der Bevölkerung weiter zunehmen. Dies macht den Südsudan zu einem der schlimmsten humanitären Dilemmas unserer Zeit. Und während Sie dies lesen, wird der Südsudan inmitten der harten Realität der Klimakrise durch einen gewaltsamen Konflikt weiter zerrissen.

In Leer, im Zentrum des Landes, wird das Leben der Einwohner durch ein zweischneidiges Schwert aus natürlichen und vom Menschen verursachten Katastrophen erschüttert. Zum einen sind es im Land herrschende gewaltsame Konflikte, die sudanesische Familien in die Flucht treiben. Zusätzlich werden die Menschen durch extreme Wetterereignisse aus ihren Häusern vertrieben. Durch den Klimawandel bedingte Überschwemmungen, die grösser sind als üblich, vernichten Ernten und Häuser. Familien werden ihrer Lebensgrundlage beraubt und sind gezwungen, ihr Leben weit weg von zu Hause unter entsetzlichen Bedingungen neu aufzubauen. In den informellen Siedlungen steht ihnen nicht einmal das Nötigste zur Verfügung.

In dieser düsteren Lage steht Medair den Vulnerabelsten in Leer zur Seite. Wir sind vor Ort und leisten lebensrettende Nothilfe in den Bereichen Gesundheit, Ernährung sowie Wasser und sanitäre Anlagen.

Die Geschichte von Nyamuch und ihrem Sohn Majok ist nur eine von vielen, die die tiefgreifenden Auswirkungen unserer Arbeit im Südsudan verdeutlichen, wo neun Millionen der 12,4 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen und zwei Millionen Menschen innerhalb der Landesgrenzen vertrieben sind.

Nyamuchs Weg zu neuer Hoffnung

Nyamuch und ihr kleiner Sohn Majok haben einen einstündigen Fussmarsch hinter sich, um eine der Medair-Kliniken zu erreichen, die ihre nächstgelegene und einzige Anlaufstelle für medizinische Versorgung ist. Bei den Kämpfen in ihrem Dorf wurde ihr Haus zerstört, ihr Vieh gestohlen, ihre Lebensgrundlage vernichtet. Mit nicht viel mehr als den Kleidern auf dem Rücken sind sie geflüchtet. Nyamuch trauert noch immer um das Leben, das sie verloren haben. Ihr Trauma stammt nicht nur vom Verlust ihres Zuhauses und ihrer Lebensgrundlage, sondern auch vom täglichen Kampf ums Überleben in einer neuen, rauen Umgebung.

"Unser Leben hat sich völlig verändert. Wir haben kein Einkommen, kein Zuhause. Um zu überleben, sind wir auf Nahrungsmittelhilfe von UN-Organisationen angewiesen. Ohne die kostenlose Behandlung hier, hätte ich keine medizinische Versorgung für mein Kind. Seit wir vertrieben wurden, leiden wir an seltsamen Krankheiten, die wir vorher nie hatten", erzählt Nyamuch.

Inmitten dieser Schwierigkeiten ist die Medair-Klinik ein Rettungsanker. Nyamuch hat Majok schon mehrmals hierher gebracht und wurde von unserem engagierten Team stets gut versorgt.

Nyamuch erklärt dem Krankenpfleger William in einer der Medair-Gesundheitseinrichtungen in Leer die Symptome ihres Sohnes Majok. © Medair / Stefan Kewitz

"Heute ist Majok über Nacht an Durchfall und Husten erkrankt. Jedes Mal, wenn wir hier waren, hat die Behandlung gut gewirkt. Ich bin heute wiedergekommen, weil ich weiss, dass ihm hier geholfen werden kann", erklärt die Mutter.

Im Südsudan kann eine Durchfallerkrankung für kleine Kinder schnell lebensbedrohlich werden, wenn sie nicht sofort behandelt wird. Mit der richtigen Behandlung ist sie jedoch leicht in den Griff zu bekommen. Krankenpfleger William, erfahren in der Behandlung von akutem wässrigem Durchfall, beruhigt Nyamuch. "Ich verschreibe Majok ein orales Rehydrierungssalz und Zinksulfat. Mit diesen Medikamenten wird er sich schnell erholen. Bitte sorgen Sie dafür, dass er viel trinkt, dann wird Majok wieder gesund", weist er an.

Nyamuchs Erleichterung ist deutlich spürbar. "Ich bin so dankbar für die medizinische Behandlung hier", sagt sie mit Tränen in den Augen. "Diese Klinik ist eine Lebensader für unsere ganze Gemeinschaft. Die nächstgelegene Einrichtung ist viel weiter weg und würde uns mehr kosten. Ich bin sicher, dass Gott Sie für Ihre grossartige Arbeit für die Menschen hier belohnen wird.”

Krankenpfleger William überprüft den Herzschlag seines kleinen Patienten Majok, der an akutem wässrigem Durchfall leidet. © Medair / Stefan Kewitz

Kritische Unterstützung für eine widerstandsfähige Gemeinschaft

Der Alltag von Familien wie der von Nyamuch in Leer ist ein Beweis für die Widerstandsfähigkeit und Stärke der Menschen im Südsudan. Sie macht aber auch deutlich, wie dringend humanitäre Hilfe und die unverzichtbaren Dienste von Organisationen wie Medair benötigt werden. Jeden Tag werden wir Zeuge der transformativen Kraft der medizinischen Versorgung, die nicht nur Körper heilt, sondern auch Hoffnung und Würde zurückgibt.

Die Geschichte von Nyamuch und Majok macht deutlich, wie wichtig die Arbeit von Medair in diesen abgelegenen, von Konflikten heimgesuchten Regionen ist. In diesem Jahr hat unser Team in unseren Gesundheitseinrichtungen in Leer bisher mehr als 5 000 Kinder unter fünf Jahren gegen häufige Krankheiten behandelt. Dank der Unterstützung unserer großzügigen Spender können wir weiterhin lebensrettende Hilfe für diejenigen leisten, die sie am dringendsten benötigen. Gemeinsam können wir den Bedürftigsten im Südsudan Hoffnung und Heilung bringen.

Nyamuch erhält in der Medair-Apotheke Medikamente für ihren Sohn Majok, um seine akute wässrige Durchfallerkrankung zu behandeln. © Medair / Stefan Kewitz

Unser Mitgefühl treibt uns weiterhin dazu an, in schwierigen Zeiten und entlegenen Regionen Hilfe zu leisten. Bei all unserem Tun geben wir alles dafür, die Würde der Betroffenen zu bewahren und jeden Menschen mit höchstem Respekt zu behandeln.

Als neutrale und unabhängige Organisation können wir in konfliktbetroffenen Gebieten wie Leer tätig sein, indem wir allein auf der Grundlage des Bedarfs Hilfe leisten, ohne Partei zu ergreifen. Zusätzlich zu unseren Hilfeleistungen wollen wir stets Hoffnung auf eine bessere Zukunft verbreiten und Gemeinschaften helfen, sich nach einer Krise nicht nur aufzurichten, sondern auch widerstandsfähiger zu werden.

Jede Geschichte, wie die von Nyamuch und Majok, unterstreicht die Wichtigkeit unserer Arbeit. Mit Ihrer Hilfe können wir auch in Zeiten einer internationalen Finanzierungskrise weiterhin Leben retten, Gesundheitsdienste anbieten und Hoffnung im Herzen des Südsudan verbreiten. Ihre Spende ist mehr als ein Geldbetrag; sie ist ein Rettungsanker für Familien wie die von Nyamuch und bietet ihnen die Chance auf Heilung, Hoffnung und ein Leben nach dem Schicksalsschlag.

Die Gesundheitsdienste von Medair in Leer werden von USAID, UNICEF, WFP, SSHF/OCHA sowie von grosszügigen privaten Spenderinnen und Spendern finanziert.
Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

August 2, 2024
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