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Die Hungerkrise im Südsudan verstehen

March 20, 2025
von Medair
Südsudan
Medair leistet im Landkreis Leer lebensrettende medizinische Hilfe und verbessert das Leben von hilfsbedürftigen Müttern und Kindern in Krisensituationen.

Der Südsudan ist mit einer der schwersten Hungerkrisen der Welt konfrontiert. Schätzungsweise 2,1 Millionen Kinder leiden an akuter Unterernährung. In einem Land, das bereits durch Konflikte und Naturkatastrophen zerrissen ist, treibt die Nahrungsmittelknappheit Familien an den Rand der Verzweiflung.

Doch es gibt Hoffnung. Medair leistet im Südsudan lebensrettende Ernährungshilfe für die Verwundbarsten, und mit Ihrer Hilfe können wir noch mehr Leben retten.

Wie messen wir den Hunger? Die IPC-Phasen erklärt

Der Schweregrad des Hungers in einem Land wird anhand der Integrierten Phasenklassifikation zur Ernährungssicherheit (IPC) gemessen, die die Ernährungsunsicherheit in fünf Stufen einteilt:

  • Stufe 1: Minimal - Menschen können ihren Grundbedarf an Nahrungsmitteln ohne Unterstützung decken.
  • Stufe 2: Angespannt - Familien haben Schwierigkeiten, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, und benötigen möglicherweise Hilfe, um nicht noch tiefer in die Krise zu geraten.
  • Stufe 3: Krise - die Menschen sind mit einer erheblichen Nahrungsmittelknappheit konfrontiert, Unterernährung ist weit verbreitet, und es muss sofort gehandelt werden, um Leben und Existenzgrundlagen zu retten.
  • Stufe 4: Notsituation – der Zugang zu Nahrung ist stark eingeschränkt. Die Unterernährungsraten steigen und um nicht zu sterben, sind die Menschen auf dringende Hilfe angewiesen.
  • Stufe 5: Hungerkatastrophe/Hungersnot - Den Menschen fehlt es an allem – Nahrungsmitteln, Wasser, grundlegender Hygiene. Unterernährung ist weit verbreitet, Menschen sterben an Unterernährung. 

Im Südsudan herrscht derzeit eine weit verbreitete Ernährungsunsicherheit der Stufen 3 und 4, und in einigen Gebieten besteht die Gefahr, dass sie in die Stufe 5 abrutschen, wenn nicht unverzüglich Massnahmen ergriffen werden.

Was ist die Ursache des Hungers im Südsudan?

Der Hunger im Südsudan wird durch ein Zusammenspiel aus Konflikten, Naturkatastrophen und wirtschaftlicher Instabilität verursacht. Seit der Erklärung seiner Unabhängigkeit im Jahr 2011 ist das Land in Zyklen der Gewalt verstrickt, die Millionen von Menschen vertrieben und die Landwirtschaft und den Handel unterbrochen haben.

Die Überschwemmungen im Jahr 2024 haben die Situation noch weiter verschlimmert. Nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) haben starke Regenfälle weite Teile des Ackerlandes unter Wasser gesetzt, was die Nahrungsmittelversorgung weiter einschränkt. Infolgedessen sind die Lebensmittelpreise in die Höhe geschnellt, so dass sich Millionen von Familien nicht einmal mehr Grundnahrungsmittel leisten können.

Saisonale Überschwemmungen zerstören häufig die Ernten und gehören zu den Hauptursachen für die Hungerkrise im Südsudan. Diese Frauen müssen stundenlang durch das Wasser waten, um ihr Haus zu erreichen.© Medair/Stefan Kewitz

Expertinnen und Experten für Ernährungssicherheit schätzen, dass im Zeitraum von Dezember 2024 bis März 2025 6,3 Millionen Menschen im Südsudan mit einem hohen Mass an Ernährungsunsicherheit konfrontiert sein werden. Davon befinden sich 1,71 Millionen Menschen in einer «Hungerkrise» (IPC-Stufe 3) oder schlimmer, was bedeutet, dass ihr Leben ohne dringende Hilfe unmittelbar gefährdet ist.

Für Kinder ist die Situation noch kritischer. UNICEF berichtet, dass 1,6 Millionen Kinder an akuter Unterernährung leiden, und ohne Behandlung werden viele nicht überleben.

Die Folgen des Hungers für Familien  

Familien im Südsudan sind durch den Hunger dazu gezwungen, kritische Entscheidungen zu treffen: sollen sie lieber Medikamente oder Lebensmittel für ihre Kinder kaufen? Beides können sie sich nicht leisten. In einigen Gemeinschaften füttern Eltern ihre Kinder mit wilden Pflanzen, nur um sie am Leben zu erhalten.

Dies sind keine Anekdoten sondern weit verbreitete Realität. Jeden Tag treffen die Teams von Medair auf Familien, die durch den Hunger alles verloren haben. Doch mit Ihrer Unterstützung können wir ihre Geschichten von Verzweiflung in Hoffnung verwandeln.

Die Antwort von Medair: lebensrettende Ernährungsdienste für die Vulnerabelsten

Angesichts der eskalierenden Hungerkrise im Südsudan stellt Medair ein umfassendes Angebot an Ernährungsdienstleistungen bereit, die direkt auf die Ursachen und Auswirkungen der Unterernährung abzielen. Unsere Teams arbeiten in einigen der entlegensten und am schwersten zu erreichenden Gebiete und leisten dort lebensrettende Hilfe, wo sie am dringendsten benötigt wird.

1. Stabilisierungszentren

In den Stabilisierungszentren von Medair werden Kinder, die an schwerer akuter Unterernährung mit zusätzlichen lebensbedrohlichen Komplikationen leiden, rund um die Uhr betreut. Diese Zentren sind mit geschultem medizinischem Personal ausgestattet, das unter anderem folgende Dienste anbietet:

  • Therapeutische Ernährung: Schwer unterernährte Kinder erhalten therapeutische Milch, die ihnen schnell wieder Kraft gibt.
  • Medizinische Behandlung: Kinder mit schwerer akuter Unterernährung leiden häufig an Sekundärinfektionen wie einer Lungenentzündung, Malaria oder Durchfall. In den Stabilisierungszentren von Medair werden neben der Unterernährung auch diese Erkrankungen mit Antibiotika, Malariamitteln und Rehydrierungstherapien behandelt.

Dr. Jackson überprüft den Herzschlag von Deng, einem schwer unterernährten Jungen mit zusätzlichen medizinischen Komplikationen, im Medair-Stabilisierungszentrum in Pibor.   © Medair/Stefan Kewitz

Mit dieser Intensivpflege zeigt sich normalerweise innerhalb weniger Tage eine signifikante Besserung des Gesundheitszustandes des Kindes. Viele Leben konnten so bereits gerettet werden. Eine Spende von 50 Franken ermöglicht einem betroffenen Kind eine solche Behandlung und gibt ihm die Chance zu überleben und zu gedeihen. Kinder, die die Zentren geheilt verlassen sind nicht nur temporär wieder gesund sondern auch deutlich weniger anfällig für zukünftige gesundheitliche Komplikationen.

2. Ambulante Therapeutische Programme

Für Kinder, die unterernährt sind, aber keinen Krankenhausaufenthalt benötigen, führt Medair ambulante Therapieprogramme durch. Diese Programme bieten:

  • Wöchentliche Kontrolluntersuchungen: Das Gesundheitspersonal überwacht das Gewicht, die Grösse und den Ernährungszustand der Kinder, um ihre Fortschritte zu verfolgen und sicherzustellen, dass die Behandlung anschlägt.
  • Therapeutische Ernährung zu Hause: Die Familien erhalten wöchentliche Rationen an gebrauchsfertiger therapeutischer Nahrung, die von den Müttern zu Hause verabreicht werden, so dass sich die Kinder erholen können, ohne in eine Klinik eingewiesen zu werden.

Ein Junge während eines Appetit-Tests in einer der Ernährungseinrichtungen von Medair. © Medair/Stefan Kewitz

Die Behandlung von Unterernährung im häuslichen Umfeld hat mehrere Vorteile. Zum einen ermöglichen sie es den Familien zusammenzubleiben und den Müttern eine aktive Rolle bei der Genesung ihrer Kinder zu übernehmen. Zum anderen werden die Gesundheitseinrichtungen entlastet. Auf ambulante Weise behandelte Kinder zeigen in der Regel innerhalb von 4-6 Wochen eine deutliche Verbesserung. Auch werden das Todesrisiko und das Risiko langfristiger Entwicklungsverzögerungen deutlich verringert.  

3. Gezielte Ergänzungsfuttermittel-Programme

Die gezielten Zusatznahrungsprogramme von Medair versorgen Kinder, schwangere Frauen und stillende Mütter, die von schwerer Unterernährung bedroht sind, mit wichtigen Nährstoffen. Diese Programme bieten:

  • Angereicherte Lebensmittelrationen: Die Familien erhalten angereicherte Getreide- und Hülsenfruchtmischungen mit lebenswichtigen Nährstoffen wie Vitaminen und Mineralien, die speziell für Frauen und Kinder entwickelt wurden.
  • Verhinderung eines Rückfalls in die Unterernährung: Zusatznahrungsprogramme tragen zur langfristigen Gesundheit der Betroffenen bei, denn sie verhindern, dass diejenigen, die sich von schwerer Unterernährung erholt haben, einen Rückfall erleiden.

Indem sie sich sowohl an Kinder als auch an Mütter richten, durchbrechen diese Programme den Kreislauf der Unterernährung in Familien. Die richtige Ernährung von Schwangeren sorgt auch für gesündere Schwangerschaften und bessere Ergebnisse bei Neugeborenen, wodurch die Kindersterblichkeit gesenkt und den Kindern ein besserer Start ins Leben ermöglicht wird.

4. Screening und Aufklärung über Unterernährung in der Gemeinschaft

Die Arbeit von Medair geht über die Behandlung hinaus - sie konzentriert sich auch auf Früherkennung und Prävention. Unsere Teams arbeiten mit den lokalen Gemeinschaften zusammen, um Folgendes zu bieten:

  • Unterernährungsuntersuchungen: Freiwillige Gesundheitshelfer und - helferinnen aus den Gemeinschaften werden in der Durchführung von MUAC-Untersuchungen (Messung des oberen mittleren Armumfangs) geschult, die dazu beitragen, Unterernährung bei Kindern frühzeitig zu erkennen. Betroffene Kinder werden umgehend an das entsprechende Ernährungsprogramm überwiesen, bevor sich ihr Zustand verschlechtert.
  • Gesundheits- und Ernährungserziehung: Die Familien erhalten praktische Anleitungen zur richtigen Ernährung des Kindes, zur Hygiene und zur Früherkennung von Anzeichen für Unterernährung.

Racheals Tochter Emma wird von einem unserer kommunalen Gesundheitshelfern mit dem MUAC-Band auf akute Unterernährung untersucht. © Medair/Stefan Kewitz

Die Früherkennung ist der Schlüssel zur Verhinderung schwerer Unterernährung. Durch regelmässige Untersuchungen und die Einbindung der Bevölkerung kann Medair gefährdete Kinder schneller behandeln, sodass weniger Nothilfeeinsätze erforderlich sind. Durch die Aufklärungsangebote werden die Familien in die Lage versetzt, auch lange nach der Behandlung gesunde Verhaltensweisen beizubehalten, was die Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaften stärkt.

Die direkten Auswirkungen der Medair-Dienste auf den Hunger

Durch diese gemeinsamen Anstrengungen haben die Ernährungsprogramme von Medair einen spürbaren, lebensrettenden Einfluss auf den Kampf gegen den Hunger im Südsudan. Die frühzeitige und umfassende Behandlung von Unterernährung rettet nicht nur Leben, sondern hilft Kindern und Familien auch, eine gesündere und nachhaltigere Zukunft aufzubauen.

  • Senkung der Kindersterblichkeit: Dank des Zugangs zu therapeutischer Nahrung und medizinischer Versorgung können sich einst schwerkranke Kinder erholen und ein gesundes Leben führen.
  • Stärkere Gemeinschaften: Durch die kontinuierliche Ernährungshilfe für Mütter und Kinder trägt Medair zur Stärkung ganzer Gemeinschaften bei und macht sie widerstandsfähiger gegenüber zukünftigen Krisen.
  • Langfristige Wirkung: Ein gut ernährtes Kind wächst mit grösserer Wahrscheinlichkeit gesund auf, besucht die Schule und leistet einen positiven Beitrag für seine Gemeinschaft. Die Programme von Medair haben einen Dominoeffekt, der noch lange nach der Beseitigung des unmittelbaren Hungers anhält.

Helfen Sie uns bei der Bekämpfung des Hungers im Südsudan

Die Hungerkrise im Südsudan ist eine der verheerendsten der Welt, aber wir können etwas bewirken - Sie können etwas bewirken. Jeden Tag steht Medair an vorderster Front und leistet lebensrettende Hilfe für Kinder und Familien, die sonst unvorstellbare Verluste erleiden würden. Aber wir können dies nicht ohne Ihre Unterstützung tun.

Kinder wie Emma brauchen dieses Jahr Ihr lebensrettendes Geschenk. © Medair/Stefan Kewitz

Sie können Leben retten.

  • Mit Ihrer Spende von 50 Franken ermöglichen Sie einem schwer unterernährten Kind in unseren Stabilisierungszentren eine lebensrettende Behandlung mit therapeutischer Milch.
  • 100 Franken reichen aus, um einem akut unterernährten Kind in unserem ambulanten Ernährungsprogramm eine komplette Behandlung zu bieten.
  • Mit 200 Franken kann ein Pulsoximeter finanziert werden, das den Sauerstoffgehalt von schwer unterernährten Kindern während der Behandlung in unseren Stabilisierungszentren überwacht.

Dies sind nicht nur Zahlen - sie stehen für echte Leben, echte Kinder und eine echte Zukunft. Ihre heutige Spende wird Familien, die am Rande der Verzweiflung stehen, Hoffnung geben und es uns ermöglichen, unsere Arbeit im Südsudan fortzusetzen.

Bitte schauen Sie nicht weg. Spenden Sie jetzt und schenken Sie das Leben. Gemeinsam können wir den Hunger in Hoffnung verwandeln.  

Dieser Inhalt wurde mit Ressourcen erstellt, die von Medair-Mitarbeitern vor Ort und am Hauptsitz gesammelt wurden. Die hierin geäusserten Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und dürfen in keiner Weise als offizielle Meinung einer anderen Organisation verstanden werden
March 20, 2025
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